Kaum eingeführt, schon wieder abgeschafft?
So könnte es
mit den deutschen 10 km-Meisterschaften geschehen, die nicht erst seit
der Frankfurter Lauftrainertragung im Februar in der Diskussion stehen.
Landauf landab diskutieren Verbands- und Vereinstrainer über Sinn und
Unsinn von 10 km-Meisterschaften, aber auch gleichermaßen über die
Termingestaltung und die Austragungsorte.
Diskutieren aber auch
zugleich über die zugegeben prekäre Situation im deutschen
Langstreckenlauf und das Wie, um aus dem Dilemma heraus zu kommen. Auf
Antrag des Hessischen Leichtathletik-Verbandes wurden 2001 die 10
km-Titelkämpfe eingeführt, die Jugendklassen im Folgejahr von den
gewöhnungsbedürftigen 7,5 km und 15 km auf die 10 km-Strecke umgestellt
und im Rahmen der Deutschen Halbmarathonmeisterschaften ausgetragen
Nach
nur kurzer Anlaufzeit lässt sich freilich nicht nach dem Erfolg fragen,
denn die Langfristigkeit ist auch oder gerade im Langstreckenbereich
angesagt. Schneller als gedacht könnte aber schon bei der Tagung des
Verbandsrates in Kevelaer das Aus für die 10 km kommen! Möglicherweise
in Etappen. Zunächst für die Jugendlichen und bereits im Folgejahr für
die Aktiven.
Zu viele Meisterschaften
„Wir haben auf
der Langstrecke zu viele Meisterschaften und zu wenig Leistungsträger“,
bringt es Detlef Uhlemann, der neue DLV-Verantwortliche für den
Langstreckenbereich, auf den Punkt. „Die Gefahr des Verzettelns ist zu
groß. Unter diesem Ansatz bin ich für ein Abschaffen. Wir brauchen
diese Meisterschaft nicht!“
Uhlemann sieht in erster Linie in der
Überbeanspruchung der Langstreckler, weil sie, durchaus unter dem Druck
der Vereine und Sponsoren, auf „allen Hochzeiten tanzen“ und keinen
systematischen Trainingsaufbau mehr betreiben können, Gründe für den
Rückgang des Leistungsniveaus und die gestiegene
Verletzungsanfälligkeit. Dies vor allem im Verständnis, dass
Meisterschaften in erster Linie für die ambitionierten,
leistungsorientierten Läufer einen herausragenden Stellenwert haben.
10 km-Meisterschaften im Frühjahr geben keinen Sinn mehr
Werner Grommisch, der sich seit Jahren mit dem
Straßenlauf-Nachwuchs von Verbandsseite aus beschäftigt, klagt ein
„kontinuierliches Anforderungsprofil“ ein, das den Weg zur Langstrecke
und damit auch zur Straße ebnet. „Mein Herz hängt nicht mehr unbedingt
an den 10 km-Meisterschaften für die Jugendlichen“, gesteht Grommisch,
„10 km-Meisterschaften im Frühjahr geben keinen Sinn mehr, weil wir uns
für die Verlegung der Crossmeisterschaften entschieden haben. Im Herbst
verlängert es in vielen Fällen nur die Saison!“ Grommisch verweist in
diesem Zusammenhang allerdings auch auf seine Erfolge mit dem einstigen
Straßenkader, in dem junge Talente wie die aktuell als Leistungsträger
einzustufenden Martin Beckmann oder Alexander Lubina zusammengefasst
waren. „Natürlich ist auch eine Weiterentwicklung über die Bahn zur
Straße möglich!“
Heinig ist enttäuscht
Enttäuscht
ist hingegen der frühere Marathon-Bundestrainer Wolfgang Heinig von der
handstreichartigen Entwicklung. „Wir haben viele Jahre für die
Einführung gekämpft, jetzt soll diese Meisterschaft sehr rasch wieder
abgeschafft werden!“ In Ohrdruf führte Heinig bereits an, dass durch
das Streichen der Jugendstrecke die Halbmarathonmeisterschaften auch zu
einer Rumpfveranstaltung mutieren würden, die mehr und mehr mangels
Attraktivität an die Peripherie verdrängt werden könnte.
Gegen die Abschaffung
Der
hessische Verbandspräsident Wolfgang Schad wird sich mit einer
Initiative in Kevelaer mit aller Kraft gegen die Abschaffung stemmen.
„Es gibt mehrere Gründe, die gegen eine Abschaffung der 10
km-Meisterschaften und des Jugendwettbewerbes sprechen. Die Empfehlung
des Leistungssportes hat in einer Abstimmung nur eine knappe Mehrheit
erhalten, die Entscheidung der Landesjugendwarte ist unter fragwürdigen
Umständen zustande gekommen und vor allem aus sportpolitischen Gründen
muss ich Nein sagen.
Ich werde aber der Letzte sein, der sich überzeugenden Argumenten verschließen würde!“
Wilfried Raatz