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Erste Berglauf-Europameisterschaften der Senioren in Zell-Unterharmersbach - Gastgeber Deutschland dominiert


Gastgeber Deutschland zeigte sich bei der Premiere der Berglauf-Europameisterschaften der Senioren im Zeller Stadtteil Unterharmersbach im Schwarzwald reichlich „egoistisch“, denn elf von fünfzehn Einzeltitel sowie alle acht Teamwertungen blieben im eigenen Land. Dies allerdings vor dem Hintergrund, dass die Seniorenläuferinnen und Seniorenläufer des Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) ehedem zu den weltbesten Spezialisten zählen.

Aus diesem Grunde kommt die Dominanz der DLV-Starter, die ohnehin dreiviertel der Teilnehmer aus insgesamt neunzehn Nationen stellen konnten, auf der 10 km langen Strecke mit einer Höhendifferenz von 700 m zum Brandenkopf keinesfalls überraschend.

Überraschend waren jedoch einige Leistungen, allen voran der Sieg der eher auf den Flachdistanzen und im Crosslauf zur Weltspitze zählenden Marie-Luise Heilig-Duventäster von der LG Welfen über die hohe Favoritin Izabela Zatorska aus Polen in der Mastersklasse W 40.

So war die deutsche Nationalhymne bei der stimmungsvollen Siegerehrung in der Schwarzwaldhalle der Dauerbrenner des Abends, denn mit weitem Abstand folgten im Medaillenspiegel die Niederlande, Groß-Britannien, Frankreich und Österreich mit jeweils einer Goldmedaille.

Volltreffer gelandet


„Die Atmosphäre ist einmalig schön, mit dem TV Unterharmersbach haben wir als Ausrichter einen Volltreffer gelandet. Wir sind jedenfalls mit der Premiere sehr, sehr zufrieden!“ lobte Dieter Massin, der Präsident des Europäischen Seniorenverbandes (EVAA), die Veranstaltung im Harmersbachtal, die bei besten Laufbedingungen und einem großen Zuschauerzuspruch entlang der Strecke und vor allem am Ziel am Brandenkopf in 931 Metern durchgeführt wurde.

Auch der Berglauf-Weltverbands-Präsident Danny Hughes zeigte sich einmal mehr von der Professionalität des veranstaltenden TV Unterharmersbach angetan: „“Eine phantastische Organisation, aber darüber mussten wir uns auch nach den Erfahrungen in früheren Jahren bei der EM-Premiere keine Sorgen machen!“ Für den badischen Leichtathletik-Verbands-Präsidenten Franz-Josef Eckstein schloss sich mit der Ausrichtung der Masters-Europameisterschaften ein beeindruckender Kreis von hochkarätigen Meisterschaften wie den Deutschen Meisterschaften, Masters-Weltmeisterschaften und Grand-Prix-Finale:

„Damit hat der TV Unterharmersbach eigentlich fast alles erreicht, was im internationalen Berglauf als Ausrichter möglich ist!“

Großen Wurf noch frei 

Einen großen Wurf haben allerdings die Unterharmersbacher noch frei, und dieser könnte in einigen Jahren gar die Ausrichtung von bergauf-bergabführenden Titelkämpfen des Europäischen Leichtathletik-Verbandes (EAA) oder des Berglauf-Weltverbandes (WMRA) sein.

„Darüber ernsthafte Gedanken zu machen, das ist uns allerdings zu früh“, gesteht TVU-Organisationsleiter Alfred Siegesmund am Abend ein. „Lasst uns erst einmal diese sehr harmonisch verlaufenen Masters-Europameisterschaften gebührend abschließen. Wir haben allen Grund zu feiern!“

Ähnlich hohes Niveau wie die World-Masters 

Rein sportlich waren diese Titelkämpfe auf ähnlich hohem Niveau wie die World-Masters 2003, die das kleine Schwarzwaldstädtchen am Harmersbach zumindest im Berglauf weltweit bekannt machte. Den Auftakt machte zur Mittagszeit der für die LG Wetzar startende Werner Schanné mit einem überlegenen Sieg in der Masterskategorie M 70 in der bemerkenswerten Zeit von 56:07 Minuten und einem fast sechsminütigen Vorsprung vor dem Italiener Bruno Baggia.

Einen ähnlich überragenden Lauf legte der vielfache Weltmeister Peter Lessing von der LG Ortenau Nord in der Kategorie M 65 hin, obgleich er selten im Berglaufterrain anzutreffen ist. Bei den ältesten Damen setzte sich die eher als Bahnspezialistin zu bezeichnende Barbara Wolf (TGV Augsburg) gegen Bärbel Berghaus (Solinger LC) durch, überraschend stark hier auf Rang fünf die mit 71 Jahren älteste Starterin Annemarie Stiegmann (Detmold), die aufgrund der Wettkampfregularien gegen deutlich jüngere Konkurrentinnen anzutreten hatte.

Spannendes Rennen


In einem spannenden Rennen verwies bei den Sechzigjährigen der Passauer Wolfgang Huber den Briten David Trickett sowie den Pfälzer Adolf Reinhart auf die Plätze, während bei den Frauen Gerlinde Schmittner (TV Ochsenfurt) nach einer Wadenzerrung bis zuletzt gegen die Marathon-Weltmeisterin Karin Risch (Eschollbrücken-Eich) zittern musste.

Seinen ersten Berglauf bestritt hingegen Rudolf Pletzer aus dem hessischen Frickenhausen und durfte dabei nach einem überzeugenden Lauf zugleich die Nationalhymne bei der Siegerehrung hören.

Dabei schlug Pletzer den amtierenden Berglauf-Weltmeister Reinhart Vogler und mit Kurt Herbicht einen weiteren Mitfavoriten deutlich. Im rein deutschen Duell in der W 55 bezwang Liane Muschler (SC DHfK Leipzig) die Südbadenerin Roswitha Schäffler (LC Marathon Rheinfelden), während sich in der Masterskategorie W 50 die aus Cuxhaven stammende Anne Fischer nach starkem Finish gegen die Italienerin Rosy Pattis durchsetzen konnte.      

Charly Doll

Der mit Sieghoffnungen gestartete Schwarzwälder Charly Doll musste sich hingegen nach starkem Auftakt letztlich den beiden starken Briten David Neill und dem 3000 m-Weltrekordler Nigel Gates geschlagen geben. „Das war heute nicht mein Tag“, bekannte der Olympiakoch und zweifache Swiss-Alpine-Marathon-Sieger im Ziel, „ich hatte starke Kopfschmerzen. Da ging irgendwann nichts mehr!“

Mehr Glück hatte hingegen der Saarländer Uwe Hartmann, der nach einem intensiven Trainingslager derart locker wirkte, dass er klar vor dem Bergspezialisten Helmut Strobl (Germaringen) und dem starken Franzosen Gilles Convert als Sieger der M 45 einlief. Dagegen setzte sich in der weiblichen Kategorie die Französin Chantal Baillon gegen die Karlsruher Allroundläuferin Ulrike Hoeltz durch.

Sensation

Die Sensation schlechthin schaffte die für die LG Welfen startende Marie-Luise Heilig-Duventäster, die die hohe Favoritin Izabela Zatorska schon nach vier Kilometern abschütteln konnte und sich damit das wohl schönste Geburtstagsgeschenk machen konnte, denn wenige Stunden später durfte sie ihren 45. Geburtstag feiern. Mit 49:29 lief sie zudem eine exzellente Endzeit. Die polnische Weltklasseathletin hingegen humpelte mit Wadenkrämpfen über zwei Minuten später ins Ziel. Zermatt-Marathon-Siegerin Sylke Schmitz gewann überlegen die W 35-Wertung vor der Nationalmannschaftsläuferin Tanja Schmidt, der Britin Julie Wilson und der Favoritin Irena Czuta-Pakosz (Polen).


Masters-Tagesschnellster auf dem 10 km-Parcours war als Sieger der Mastersklasse M 40 der Wiener Helmut Schmuck mit 42:57 Minuten. Allerdings musste der frühere zweifache Berglauf-Weltmeister alle Register ziehen, um den starken Ansbacher Paul Sichermann auf Rang zwei zu verweisen. Jubel bei den holländischen Zwillingen Maykel und Björn Geerdink, die als „Flachländer“ mit einem Fünf-Sekunden-Abstand zueinander und mit deutlichem Abstand zur weiteren Konkurrenz Gold und Silber gewinnen konnten.

Thomas Dold

Im offenen Lauf zeigten einige Mitglieder der DLV-Nationalmannschaft ihr Können. Überraschend setzte sich bei den Männern der im Februar mit dem Empire-State-Building-Run den wohl spektakulärsten Treppenlauf der Welt siegreiche Thomas Dold aus dem nahen Steinach im starken Finale in 42:03 Minuten gegen Timo Zeiler (Trochtelfingen/ 42:14) und dem Einheimischen Ulrich Benz durch.

Bei den Frauen gab Alexandra Bott (Hanau-Rodenbach) mit 51:58 Minuten ihre Visitenkarte am Brandenkopf ab.


„Mit der Streuung der Medaillen bin ich sehr zufrieden“, gestand Berglauf-Weltpräsident Danny Hughes und meinte damit vor allem die Erfolge der holländischen Zwillingen Geerdink, die zudem in der Mannschaftswertung mit Peter Jongsma hinter der deutschen Mannschaft Silber gewannen. Und knüpfte damit aber auch die Hoffnung für die nächste Austragung im Jahr 2008: „Die erste Austragung jedenfalls war eine sehr erfolgreiche und wir hoffen, dass wir die Resonanz künftig weiter ausbauen können.“  


Wilfried Raatz


Alle Ergebnisse finden Sie im Internet unter

www.brandenkopfberglauf.de.