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Naoko Takahsahi durchbricht die Marathon-Barriere

Naoko Takahashi hat beim real,- BERLIN-MARATHON Sportgeschichte geschrieben.

Die 29-jährige Olympiasiegerin aus Japan ist als erste Frau die klassische

Distanz von 42,195 km in unter 2:20 Stunden gelaufen. Nach 2:19:46 Stunden lief

sie auf der Tauentzienstraße ins Ziel des mit insgesamt 37.815

Läufern, Inline-Skatern, Rollstuhlfahrern und Power-Walkern

größten deutschen Marathonlaufes. Zählt man noch die 6326

Teilnehmer beim real,- MINI-MARATHON hinzu, beteiligten sich insgesamt sogar

44.141 Athleten an der Veranstaltung. Nie zuvor hatte es in Deutschland bisher

einen größeren Lauf gegeben.

Im Gedenken an die Todesopfer der Terrorattacken in New York und Washington,

hatten die Teilnehmer vor dem Start ein Transparent mit der Aufschrift

„United we Run“ über ihre Köpfe hinweggezogen. Zuvor

hatte der Cheforganisator des New-York-Marathons, Allan Steinfeld, den

Startschuss gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister Berlins, Klaus

Wowereit, gegeben. „Es war ein sehr emotionales Ereignis für

mich“, sagte Allan Steinfeld, sichtlich berührt von der Anteilnahme

der Teilnehmer in Berlin. Auch im Ziel wartete Prominenz beim Durchlauf der

Sieger: Innenminister Otto Schily hielt gemeinsam mit dem Präsidenten der

Association of International Marathons and Road Races, dem Japaner Hiroaki

Chosa (Japan), das Zielband, als Naoko Takahashi ankam.

Eineinhalb Jahrzehnte hatten die besten Langstreckenläuferinnen der

Welt vergeblich versucht, die 2:20-Stunden-Barriere zu unterbieten. Angefangen

bei Ingrid Kristiansen (Norwegen) und Joan Benoit-Samuelson (USA) Mitte der

80er Jahre über Uta Pippig (Berlin) bis hin zu Tegla Loroupe (Kenia)

– sie alle scheiterten an der Marathon-Mauer. Tegla Loroupe, die gestern

als Zweite mit 2:28:03 Stunden über acht Minuten Rückstand auf die

Olympiasiegerin hatte, verlor somit in Berlin nicht nur die geplante Revanche

für Sydney sondern auch ihre Weltbestzeit. Vor zwei Jahren hatte sie in

Berlin in 2:20:43 Stunden gewonnen.

Angesichts der Begeisterung um Naoko Takahashi, die von bis zu einer Million

Zuschauern am Straßenrand nach vorne getrieben wurde und an

unzähligen japanischen Fahnen vorbeilief, geriet das Männerrennen

etwas in den Hintergrund. Wie schon vor einem Jahr gab es wiederum eine

Überraschung durch einen Tempomacher: Der Kenianer Joseph Ngolepus folgte

dem Beispiel seines Landsmannes und Freundes Simon Biwott. Der 26-jährige

sollte eigentlich die Spitze bis zum Kilometer 25 führen, doch anstatt

auszusteigen, lief er weiter und gewann in 2:08:47 Stunden. „Ich merkte,

dass die anderen nicht ganz so gut in Form waren. Und bei 30 km wusste ich,

dass ich gewinnen kann“, sagte Joseph Ngolepus, der mit seinem Erfolg

auch Tegla Loroupe in gewisser Hinsicht etwas trösten konnte. Denn der

Kenianer gehört zur Trainingsgruppe von Tegla Loroupe und lebt mit ihr und

anderen Läufern zeitweise in Detmold bei Manager Volker Wagner.

Während Ngolepus für seinen Sieg 50.000 DM plus eine

Zeitprämie von 15.000 DM kassierte, lohnte sich die Weltbestzeit für

Naoko Takahashi auch finanziell: Alles zusammen wurde sie für diese

historische Leistung mit 230.000 DM belohnt, wobei die Weltrekordprämie

von den Veranstaltern versichert war. „Ich habe mir wirklich keinerlei

Gedanken gemacht, was ich mit dem Geld machen werde“, sagte Naoko

Takahashi. Für die Japanerin ist das Prestige, als erste unter 2:20

Stunden gelaufen zu sein, aber sicher noch weitaus mehr wert. Das dürfte

sich in der Zukunft auszahlen.

Für die Versicherungen der Weltbestzeiten dürften die Berliner in

Zukunft wohl mehr bezahlen müssen. Denn bereits zum dritten Mal binnen

vier Jahren wurde auf der schnellen Strecke eine Bestzeit geknackt. 1998 lief

Ronaldo da Costa (Brasilien) 2:06:05 Stunden, vor zwei Jahren hatte Loroupe

ihre Bestzeit in Berlin aufgestellt.

Bei abgesehen von einem leichten Wind guten Wetterbedingungen, kam es zu

keiner Zeit zu dem erwarteten Zweikampf zwischen Naoko Takahashi und Tegla

Loroupe. Schon nach fünf Kilometern, hinter dem Brandenburger Tor,

führte die Japanerin mit einer guten halben Minute Vorsprung vor Kathrin

Weßel (SCC Berlin), die schließlich in persönlicher Bestzeit

von 2:28:27 Stunden Dritte wurde. „Ich wusste, dass ich auf dem Weg war

zu einer neuen Bestzeit und war sehr optimistisch während des gesamten

Laufes“, sagte Kathrin Weßel, die nun gute Chancen haben

dürfte, für die EM in München im nächsten Jahr nominiert zu

werden. „Ich denke, ich kann mich in der Zukunft noch um einige Minuten

verbessern, aber 2:20 das ist nicht möglich für mich.“

„Es war mein Ziel, hier unter 2:20 Stunden zu schaffen. Und als ich

nach der ersten Hälfte der Strecke auf die Uhr schaute, wusste ich, dass

ich es schaffen kann“, sagte Naoko Takahashi. „Erst auf den letzten

zwei Kilometern wurde ich müde, doch ich wusste, dass ich die Zeit

erreichen würde“, sagte die Siegerin, die in ihrer Heimat schon vor

dem real,- BERLIN-MARATHON den Status einer Heldin hatte. Naoko Takahashi

zählt zu den bekanntesten Persönlichkeiten Japans. Das gleiche gilt

in Kenia auch für Tegla Loroupe. „Ich hatte ein leichtes Problem mit

der Rückenmuskulatur, deswegen konnte ich nicht schneller laufen. Aber ich

möchte Naoko Takahashi gratulieren. Sie ist eine große

Athletin“, erklärte Tegla Loroupe.

Knapp zwei Stunden vor Naoko Takahashi hatten die schnellsten Inline-Skater

das Ziel auf der Tauentzienstraße erreicht. Der Franzose Arnaud Giquel

siegte nach einem Fotofinish in 1:04:17 Stunden vor seinem zeitgleichen

Landsmann Baptiste Grandgirard. Mit nur einer Zehntelsekunde Rückstand

folgte der Italiener Massimillano Presti. Angesichts des zeitweisen leichten

Regens war die Zeit deutlich langsamer als im vergangenen Jahr. Und das Ziel,

eine Zeit von unter einer Stunde zu erreichen, wurde einmal mehr verfehlt.

Schnellste Frau unter den Inline-Skatern war Sheila Herrero (Spanien) in

1:12:56,8 Stunden. Rang zwei ging an Ang?le Vaudan, die als Vorjahressiegerin

nur eine Zehntelsekunde langsamer war. Dritte wurde Jessica Smith

(USA/1:12:57).

Auch das Rennen der Rollstuhlfahrer war nicht so schnell wie zuletzt. Der

Sieger hieß währenddessen wiederum Heinz Frei. Der Schweizer gewann

bereits zum 14. Mal in Berlin und zum elften Mal in Folge. Gestern fuhr er

1:30:24 Stunden und lag damit in einem Fotofinish nur haarscharf vor dem

zeitgleichen Joel Jeannot (Frankreich). Dritter wurde Sergej Schilow (Russland)

in 1:35:55 Stunden. Schnellste Frau war Edith Hunkeler. Die Landsfrau von Heinz

Frei, die zum zweiten Mal nach 1998 in Berlin gewann, benötigte gestern

1:47:46 Stunden. Damit verpasste sie den Streckenrekord von 1:42:07 zwar

deutlich, aber erzielte die zweitschnellste je in Berlin gefahrene Zeit.