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Schumanns Fehlstart

Fast war es schlimmer als in Edmonton. Bei der Leichtathletik-WM hatte Nils

Schumann im vergangenen August den fünften Platz belegt. Jetzt wollte der

Olympiasieger über 800 m vor heimischem Publikum einen gelungenen

Saisonstart hinlegen. Und zudem sollte nach einem Jahr bei der LG Nike Berlin

seine Rückkehr nach Thüringen, zum SV Creaton Grossengottern,

gefeiert werden. Alles war vorbereitet für eine rauschende Schumann-Gala

in Erfurt am Freitagabend. Als der 23-Jährige am Anfang des Hallenmeetings

präsentiert und umjubelt wurde, liefen im Hintergrund auf der Anzeigetafel

die Bilder von seinem Triumph in Sydney.

Doch später lief gar nichts mehr, den Stimmungshöhepunkt hatten

die rund 2000 Zuschauer bei der Präsentation ihres Stars erlebt. Am Ende

des 1000-m-Rennens, dem vermeintlichen Höhe- und Schlusspunkt der

Veranstaltung, wurde Nils Schumann im 1000-m-Rennen sogar durchgereicht und

lief als Sechster ins Ziel. 1,3 Sekunden vor ihm hatte ausgerechnet der

nationale Konkurrent Wolfram Müller aus Pirna in 2:19,90 Minuten gewonnen.

Das ist so, als ob der 1. FC Nürnberg im DFB-Pokal bei den Bayern siegt.

In Pirna ist inzwischen eine Art Konkurrenzunternehmen zum SV Creaton

Grossengottern, dem Klub von Schumann und seinem Trainer Dieter Hermann,

entstanden. Aus Prina kommt nicht nur Wolfram Müller sondern zum Beispiel

auch der Deutsche Meister über 800 m des vergangenen Jahres, Rene Herms

(Schumann war verletzungsbedingt nicht am Start).

Und noch einer läuft für Pirna, der am Freitagabend dabei war:

Franek Haschke. Auf den hatte es Nils Schumann unmittelbar nach dem

Zieldurchlauf abgesehen. So enttäuscht war der Olympiasieger, dass er sich

zu einem Wortgefecht und einer Rangelei mit Haschke hinreißen ließ.

Schumann fühlte sich von dem Läufer aus Pirna während des

Rennens behindert. „Ich war etwas aggressiv. Das war nicht so gemeint, es

tut mir leid. Wir haben die Sache aber gleich ausgesprochen“,

erklärte Nils Schumann und fügte hinzu: „Ich bin mit mir selbst

nicht zufrieden.“

Drei Wochen, von Mitte Dezember bis in den Januar hinein, konnte Nils

Schumann so gut wie gar nicht trainieren. Seine Bronchitis zwang ihn zu einem

späten Saisoneinstieg. „Ich habe jetzt während des Rennens

gemerkt, dass ich immer noch nicht 100prozentig fit bin.“ Der schwache

Saisonanfang ist für Schumann jedoch kein Grund für ein vorzeitiges

Saisonende. „Ich werde jetzt mit meinem Trainer reden. Aber wegen einer

Niederlage werfe ich nicht die ganze Planung um“, sagte Schumann, der

schon heute in Stuttgart über 800 m starten möchte und nach wie vor

auch bei der Hallen-EM in Wien in einem Monat dabei sein möchte.

„Dazu reicht diese Form natürlich nicht“, sagte Nils Schumann,

der sich schon im Hinblick auf die Deutschen Meisterschaften in zwei Wochen in

Sindelfingen steigern muss. Immerhin wurde er zwei Tage später in

Stuttgart in einem internationalen Feld Vierter über 800 m. „Ich

weiß, dass die Läufer aus Pirna stark sind. Und ich sage jetzt

bestimmt nicht, dass ich zukünftig alle Rennen gegen sie gewinnen

werde.“ Nur dieses am Freitagabend in Erfurt wollte er unbedingt zum

ersten Mal gewinnen. „Es ist frustrierend. Ich wollte die Zuschauer nicht

enttäuschen. Ich selbst habe kein Problem, aber es tut mir leid für

meine Fans – das ist das schlimme.“

Ergebnisse: 60 m: 1. Gennadiy Chernovol KAZ 6,57, 2. Freddy Mayola CUB 6,64,

3. Darvis Patton USA 6,69. 200 m: 1. Marcin Urbas POL 21,09, 2. Steffen Otto

GER 21,19, 3. Mathias Mertens GER 21,74 400 m (A and B race): 1. Daniel Caines

GBR 46,68, 2. Bastian Swillims GER 46,70, 3. Lars Figura GER 47,75. 1000 m: 1.

Wolfram Müller GER 2:19,90, 2. Glody Dube BOT 2:20,25, 3. Arnoud Okken NED

2:20,31, 6. Nils Schumann GER 2:21,20. 3000 m: 1. Mario Kröckert GER

7:57,58, 2. Christian Knoblich GER 8:04,98, 3. Michael May GER 8:05,50. 60 m h:

1. Elmar Lichtenegger AUT 7,51, 2. Colin Jackson GBR 7,58, 3. Mike Fenner GER

7,61. LJ: 1. Younés Moudrik MAR 8,02, 2. Kenta Bell USA 7,94, 3.

Schahriar Bigdeli GER 7,88. PV: 1. Russlan Yeremenko UKR 5,80 and Tim Lobinger

GER 5,80, 3. Lars Börgeling GER 5,70. SP: 1. Milan Haborak SVK 20,22, 2.

Kevin Toth USA 19,32, 3. Detlef Bock GER 19,28.

Frauen: 60 m: 1. Chioma Ajunwa NGR 7,13, 2. Kelli White USA 7,14, 3. Karin

Mayr AUT 7,16. 400 m (A and B Race): 1. Grit Breuer GER 51,71, 2. Claudia Marx

GER 52,47, 3. Sandie Richards JAM 52,91. 800 m: 1. Renata Hoppova CZE 2:04,21,

2. Anja Knippel GER 2:04,49, 3. Tatyana Rodionova RUS 2:04,68. 60 m h : 1.

Lacena Golding-Clarke JAM 7,91, 2. Yahumara Neyra CUB 8,05, 3. Kimberley Carson

USA 8,08. LJ: 1. Ludmila Galkina RUS 6,68, 2. Y. Shekhovtsova UKR 6,48, 3.

Chioma Ajunwa NGR 6,42, 4. Heike Drechsler GER 6,23.